HFT Stuttgart nimmt an der Architektur-Biennale in Venedig teil

Internationaler Workshop mit Studenten und Studentinnen der HFT Stuttgart und italienischer Hochschulen

Im März diesen Jahres startete die HFT-Biennale-Tour 2023 mit dem Auftaktprojekt MAKE+ am Campo San Lorenzo und im Salone Verde. Auf der zweiten Etappe vom 29.05.-04.06.2023 haben die Teilnehmer:innen architektonische Antworten für die Wahrnehmung von Lebensräumen für Menschen mit sensorischen Einschränkungen gesucht. “See Smell Hear Taste Feel” war das Thema dieses internationalen Workshops.

Im Workshop arbeiteten Studenten und Studentinnen der HFT Stuttgart, der Universität von San Marino, der Universität von Venedig und der Universität Ca’ Foscari gemeinsam am Projektthema. Die Ergebnisse sind den Besucher:innen im Pavillon der Republik San Marino zugänglich, sie sind damit offizieller Bestandteil der Architektur-Biennale 2023 und führten bereits am ersten Tag zu ambitionierten Gesprächen mit Besuchern.

Die akademischen Begleiter der Arbeitsgruppen waren Prof. Diane Ziegler, Prof. Ralf Petersen, Prof. Riccardo Varini, Prof. Francesca Salatin (UIAV), Andrea Cero (Studio Miquadra), Prof. Stefano Luca (Universität San Marino und UIAV).

Die Ergebnisse und die Teilnahme an der Biennale bringen wertvolle berufliche und persönliche Erfahrungen mit sich sowie außergewöhnliche Optionen für die Portfolios unserer Studenten und Studentinnen. 

Text: Prof. Ralf Petersen & Prof. Diane Ziegler

Die Studentinnen im Studiengang International Master of Interior-Architectural Design (IMIAD) führten zur Vorbereitung des Workshops Material-Recherchen für einen ressourcenbewussten Materialeinsatz durch, betreut durch Prof. Ziegler und Dipl.-Des. Melissa Acker, und fassten die Ergebnisse auf Postern zusammen. 

Die Erkenntnisse hieraus wurden in den Entwurfsvorschlägen für San Giorgio verarbeitet. So bauen die vorgeschlagenen Konstruktionen auf Materialien auf, die nachwachsen oder einen hohen Wiederverwertungsanteil besitzen (re-use) – Myzelium, Cortenstahl, Hempcrete (Hanfkalk), Laterit Stone, Lehm, Bambus und Kork. Die Recherche ist Teil des Entwurfs-Workshops. Die Aufgabe für San Giorgio wurde von der Fondazione Cini, von Francesca Salatin, Riccardo Varini und einem Gast, Giulia, die selbst nie sehen konnte und deshalb authentisch über andere Wahrnehmungsformen berichten konnte, beschrieben. Die Studenten und Studentinnen konnten bei einem Spaziergang über die Insel individuelle Eindrücke sammeln und daraus unterschiedliche Prioritäten ableiten. Alle Vorschläge stellen (unterschiedliche) sensorische Einschränkungen von „disabled people“ in den Fokus.

Einschränkungen sollen durch andere Sinne kompensiert werden. Dafür werden visuelle, akustische oder haptische Eindrücke verstärkt und so die verfügbaren Sinne geschärft. Alle Vorschläge sind aber auch so konzipiert, gedacht und entworfen, dass sie von Menschen ohne Einschränkungen nicht nur genutzt werden können, sondern diese sie unbedingt benutzen wollen – weil sie so attraktiv sind! Die Autoren appellieren bewusst an den Spieltrieb des Einzelnen, bieten kühle Schattenplätze an, nicht sichtbare Klanginstallationen, konzentriert-extrahierte Geräusche und Klänge der Lagune (Wasser, Wind, Bäume, Stimmen, Schritte auf steinigen Wegen) etc.

Alle Konzepte haben Namen. Sie heißen:

Sound Pathways (ital. Gruppe)
Akustische Orientierung im Gelände
Invisible, ohne Hilfskonstruktionen, aufgehängt, Geländeverformungen

Mapyrinth
Begehbare Landkarte von San Giorgio, haptische Erfahrung/Erkundung San Giorgio
Nach den Informationen von Giulia: “… bevor ich einen neuen Ort besuche, informiere ich mich …"

Floating Entrance
Floating Pier and Gate, visible, orientation, significant – on the island (wiederkehrendes Motiv mit Sound-Info) und von San Marco, Material: Floating Blocks (s. Christo)

Whispering Passage
Pavillons mit akustisch autarken Räumen/vom natürlichen Geräuschmix abgeschottete Räume mit Rohren, die in die Insel hineinhorchen

Sound Skin
Wrapped trees, in Folien verpackte Bäume und Baumgruppen, die Folien sind einseitig verspiegelt (außen) und nur von innen transparent – der Besucher kann in die Umgebung hineinsehen ohne gesehen zu werden. Gezielt positionierte Felder in der Folienoberfläche können geöffnet werden, um Geräusche hineinzulassen – so, als würde man kurzzeitig mit der Hand ein Ohr bedecken.

The Arch
Myzelium Gate
aus Pilzgeflecht hergestellte Tore, die alle wesentlichen Zugänge artikulieren

Sensorial Respite
Schattige Plätze/Sitzobjekte als Baumscheiben/um die Baumstämme herum, Grundrissform abgeleitet aus den Flächen zwischen den vorhandenen Wegen über die Insel

Floral Grooves
Bambusdach/Schatten im Teatro Verde

sit & learn (sit & experience)
Sitzmodule + Infostele, rund, halbrund, schlangenförmig, frei kombiniert, flach, hoch, sitzen, stehen, Information, Wiedererkennbarkeit
 

Wir danken der Knödler-Decker-Stiftung für ihre freundliche Unterstützung des Projekts.

Veröffentlichungsdatum: 20. Juni 2023