Er gründete noch während seines Studiums das Technologieunternehmen Camunda Services. In unserem Interview blickt er auf seine Studienzeit zurück und vor allem nach vorne, denn die Informatik ist nicht nur schnelllebig, sondern auch elementar – gerade mit Blick auf die Schlüsselposition der Prozessautomatisierung.
Herr Rücker, wie war es als Referent im Rahmen der jüngst durchgeführten Ringvorlesung „Digitalisierung in der Praxis“ der HFT Stuttgart mal wieder an Ihre ehemalige Studienstätte zurückzukehren?
Bernd Rücker: Leider hielt ich meinen Vortrag nur digital via Zoom. Daher konnte ich weit weniger in die HFT Stuttgart abtauchen, als ich es gerne getan hätte. Aber es war auf jeden Fall schön wieder etwas Kontakt zur Hochschule für Technik zu haben.
Apropos Ihr Studium an der HFT Stuttgart: In wie weit profitieren Sie heute im Unternehmensalltag von Ihrem Studium zum Master Software Technology und dem darin vermittelten Wissen?
Bernd Rücker: Ich glaube, dass einem das Studium vor allem Zeit, Impulse, und Kontakte verschafft. Die konkrete Wissensvermittlung ist indes in der Informatik eine schnelllebige Disziplin. Natürlich sind gewisse Prinzipien stabil, aber ehrlich gesagt wollte ich das eigentlich nie wirklich hören. Ich habe die Zeit während des Studiums immer genutzt, mich in Themen selbst reinzuarbeiten und mir dabei viel selbst beizubringen.
Wie können sich unsere Leser*innen dies konkret vorstellen?
Bernd Rücker: Als Praktiker vor allem durch Learning by Doing. Das heißt zum Beispiel, dass ich direkt Prototypen programmiert oder bestimmte Technologien entwickelt habe. Das war im Rahmen des Studiums natürlich einfacher möglich als in einem anderen Umfeld, auch wenn ich während des Master-Studiums zum Beispiel meine Firma schon gegründet und eigentlich sogar recht viel gearbeitet habe. Hinzu kam die englische Sprache. Da hat mich die HFT Stuttgart fit gemacht. Das erklärt sich aus der Tatsache, dass wir ein internationaler Studiengang waren und ich so auf einmal Präsentationen in Englisch halten musste. Dieses Training hat mir sehr viel gebracht.
Sie umreißen die Prozessautomatisierung als „Kernelement der Digitalisierung“. Warum nimmt die Prozessautomatisierung aus Ihrer Sicht eine solche Schlüsselposition in der Digitalisierung ein?
Bernd Rücker: Geschäftsmodelle sind heute durchzogen von Prozessen. Ich will etwas kaufen? Dann muss ich mich als Kunde registrieren, Stichwort Onboarding und bestellen, sprich Order Fulfillment. Ich will verreisen? Jede Ticketbuchung ist ein Prozess. Das geht weiter, sei es bei der Kontoeröffnung und Überweisung oder beim Mars-Roboter. Überall sind Prozesse zu finden. Im Zuge der Digitalisierung müssen diese automatisiert werden. Viele Geschäftsmodelle wären anders gar nicht möglich. Beispielsweise sind manuelle Transaktionen bei Ebay in unserer heutigen Zeit nicht mehr abbildbar. Und auch in anderen Bereichen erwarten Kunden die Geschwindigkeit und Qualität automatisierter Prozesse.
Die Automatisierung von einzelnen Funktionen, Aufgaben oder Schritten ist auch wichtig. Doch ohne diese zu einem Prozess zusammenzufügen, ergibt das selten einen Nutzen für den Kunden oder mit anderen Worten ein Geschäftsmodell.