Im Mai beginnt die Aufbauphase in Wuppertal, am 24. Juni ist die Preisverleihung für den Gesamtsieger des Wettbewerbs. Wie ist die Stimmung im Team? In welchen Disziplinen haben wir die größten Chancen? Und wie ist es gelungen, in diesem interdisziplinären Projekt die Menschen zu motivieren dranzubleiben? Alles das und noch viel mehr erfahren Sie in diesem Interview mit Annabell Gronau, zuständig für Projektmanagement/Öffentlichkeitsarbeit und die Schnittstelle zwischen Lehre und Projekt.
Michaela Leipersberger-Linder: Annabell, wann geht’s denn los Richtung Wuppertal?
Annabell Gronau: Am 18. Mai fahren wir nach Wuppertal, ab 19. Mai ist die Registrierung, da kommen alle Teams auf dem Wettbewerbsgelände zusammen und am 20. Mai beginnt der Aufbau.
Wie viele Leute fahren aus eurem Team nach Wuppertal?
So grob für den Aufbau 35 bis 40 Personen.
Wow, so viele Personen! Fahrt ihr mit Autos, mit dem Zug …?
Wir fahren mit der Bahn. Viele nehmen sich ein Fahrrad mit, damit sie vor Ort flexibler sind.
Wo werdet ihr wohnen?
In einer Art Studierendenwohnheim. Das steht zurzeit leer. Wir haben dann mit den anderen Teams zusammen einen ganzen Block für uns und haben kleine WGs innerhalb der Teams.
Mit dem Solar Decathlon Europe 21/22 (SDE 21/22) kommt der Hochschulwettbewerb zum ersten Mal nach Deutschland. 18 Teams aus elf Ländern haben sich für den urbanen Zehnkampf für nachhaltiges Bauen und Leben in Wuppertal qualifiziert. Sie bringen ihre innovativen Wohnideen nicht nur aufs Papier, sondern bauen sie in Form von voll funktionierenden Prototypen in Wuppertal auf. Ziel des SDE 21/22 ist es, vor dem Hintergrund des Klimawandels die Energiewende in urbanen Quartieren voranzubringen.
Wer übernimmt die Kosten für das Ganze?
Unser Fördermittelgeber, das ist das BMWK. Da haben wir eine relativ hohe Förderungssumme bekommen. Im Antrag waren diese Reisekosten schon mit aufgenommen. Wir sind fast sechs Wochen in Wuppertal. Es sind nicht alle Personen sechs Wochen am Stück vor Ort, aber es entstehen doch recht hohe Kosten für diese Aufbauzeit in Wuppertal. Deshalb wurde das direkt in den Antrag aufgenommen.
Das heißt, das Team, das aus Thailand anreist, hat auch noch Flüge zu bezahlten?
Ja, und die haben auch wesentlich höhere Logistikkosten, denn das ganze Material für den Aufbau muss von diesem Team per Schiff oder Flugzeug auch nach Wuppertal transportiert werden.
Wie ist momentan die Stimmung im Team?
Angespannt, aufgeregt, aber auch voller Vorfreude. Wir sind im Endspurt. Es werden die letzten Bestellungen getätigt … Es ist gerade sehr stressig, weil es noch sehr viel zu tun gibt, so kurz vor knapp. Wir freuen uns aber auf die Zeit in Wuppertal, darauf, die Arbeit an der Hochschule vorerst hinter uns zu lassen und uns auf den Bau konzentrieren zu können.
Geht ihr davon aus, das ihr vor Ort an der ein oder anderen Stelle improvisieren müsst?
Auf jeden Fall! Alle, die 2010 am SDE teilgenommen haben, erzählen, dass auf jeden Fall Sachen schiefgehen werden und man im Vorfeld nicht ahnen kann, was das sein wird. Es wird wahrscheinlich das Teil kaputtgehen, von dem man es am wenigsten erwartet .
Keine Frage, solche Prognosen lassen einen etwas nervös werden, oder?
Wir versuchen alles, so gut es geht zu planen und haben natürlich auch Puffer eingeplant. Es ist also nicht alles auf die Minute getaktet, aber wenn beim Aufbau etwas kaputtgeht, dann muss man improvisieren.
Ist die Lieferung für unseren Wettbewerbsbeitrag schon unterwegs? Wie ist das im Zusammenspiel mit eurer Ankunft getaktet ?
Es kommen aktuell schon Lieferungen an die Hochschule …
Die nehmt ihr aber nicht mit dem Zug mit, oder?
(Lacht) Nein, natürlich nicht. Die werden zusammen mit den Teilen, die wir hier an der Hochschule gefertigt haben, per LKW nach Wuppertal gefahren, und auch Komponenten von Partnerfirmen, wie beispielsweise der Rohbau.
Ihr arbeitet jetzt schon länger als zwei Jahre an dem Projekt. Das heißt, ihr musstet schon vor zwei Jahren bei der Kalkulation der Kosten wissen, dass ihr beispielsweise am Ende einen LKW benötigen werdet? Ich meine, ihr wusstet am Anfang ja noch gar nicht, wo die Reise hingehen würde und was ihr an Logistik brauchen werdet.
Es hat auf dem Weg bis hierher einige Änderungen gegeben. Das Geld des Fördermittelgebers ist an einen bestimmten Verwendungszweck gebunden und darf auch nur so ausgegeben werden, wie wir es vor zwei Jahren geplant hatte. Abweichungen davon konnte man mittels Umwidmungen beantragen, was wir auch in Anspruch genommen haben. Es sind alles grobe Kostenschätzungen, die man am Anfang macht.
Wer hat euch in diesem Prozess unterstützt?
Bei der Antragsstellung wurden wir vom IAF und zafh.net, also von Kolleg:innen aus der Forschung und von den Professor:innen, die schon 2010 bei dem Wettbewerb dabei waren, unterstützt.
Das Team der HFT Stuttgart hat sich den Namen coLLab gegeben. Was steckt hinter dieser Abkürzung?
CoLLab steht für Collaboration und soll verdeutlichen, dass viele verschiedene Studiengänge und Menschen hier an der Hochschule zusammenkommen und im Kollektiv dieses Projekt durchführen. Also, was das Team betrifft und wie wir arbeiten. Aber auf der anderen Seite beschreibt es auch das Projekt selbst. Dass wir Raum schaffen wollen, der das soziale Miteinander und die Gemeinschaft fördert. Es soll mit dieser Abkürzung auch die Kollaboration im gebauten Projekt dargestellt werden soll.
Es gab drei urbane Bauaufgaben für diesen Wettbewerb zur Auswahl. Welche waren das, für welche hat sich coLLab entschieden und warum?
Alle Bauaufgaben, die zur Auswahl standen, haben einen urbanen Kontext, das heißt, es handelt sich dabei um Situationen, die auch real vorzufinden sind. Das ist zum einen die Baulückenschließung, die Bestandserweiterung, also beispielsweise ein Anbau im Hinterhof, und dann die Aufstockung. Die Aufgaben Bestandserweiterung und Aufstockung beinhalteten auch die Sanierung des bestehenden Gebäudes. Wir haben uns für die Aufstockung entschieden, weil wir darin das größte Potenzial für die Zukunft gesehen haben.
Das für den Umbau und Aufstockung ausgewählte Gebäude liegt in unmittelbarer Nähe zum HFT-Campus, der sogenannte Bau 5. Warum fiel die Wahl auf dieses Gebäude?
Die Wettbewerbauslober haben drei urbane Situationen vorgegeben, für die man sich entscheiden konnte oder man konnte sich in seiner Heimatstadt ein eigenes Gebäude auswählen. Wir sind nach Wuppertag gefahren und haben uns die Situationen im Bestand angesehen und schnell festgestellt, dass das für uns nicht in Fragen kommt. Wir haben ein großes Potenzial in Deutschland und unsere Idee ist es, einfache Lösungen zu finden, die sich auch auf andere Gebäude übertragen lassen. Der Bau 5 als Vertreter seiner Zeit bot sich als langer Zeilenbau, mit seinem Flachdach, mit seiner Verwaltungsgebäudestruktur – langer Gang und Räume zu den Fassaden hin – an. Diese Art von Gebäude gibt es relativ häufig. Wir haben uns entschieden, eine Lösung für die Aufstockung dieses Gebäudes zu entwickeln, die sich zukünftig auch auf andere Gebäude anwenden lässt.
Und was werdet ihr jetzt in Wuppertal zeigen? Ihr werdet ja nicht den gesamten Bau 5 nachbauen …
Nein, den Bestand an sich sieht man bei unserem Demonstrator nicht. Wir zeigen lediglich einen Teil der Aufstockung. Die Größe wurde begrenzt durch den Wettbewerb. Uns wurde ein Baufeld in einer bestimmten Größe vorgegeben, und da muss der Aufbau draufpassen. Wir haben überlegt, was das Wichtige und Ausschlaggebende unseres Entwurfs ist, das wir zeigen möchten, damit man das Gesamtkonzept versteht. Und dann ging es darum, in diesem Ausschnitt so viele Disziplinen wie möglich zu integrieren und sichtbar zu machen.
Wie sieht der Sockel für eure Präsentation aus?
Er ist nicht realitätsnah, sondern den Platzvorgaben angepasst. Der Demonstrator steht auf einer Plattform, und er ist geplant, wie ein auf dem Boden stehendes Gebäude. Wir haben keine Unterkonstruktion, und er schwebt nicht. Er steht auf dem Boden und ist über eine Rampe zugänglich.
Wie seid ihr bei der Planung vorgegangen? Was waren die Schwerpunkte, auf die ihr euch konzentriert habt?
Es ging darum, den Privatraum relativ klein zu halten und dafür Gemeinschaftsflächen großzügig und nutzungsoffen zu gestalten. Das Ganze sollte dann auch modular sein, also auf verschiedene Bestandsstrukturen anpassbar, in der Länge und in der Breite. Dieser Übertragungsaspekt spielte eine große Rolle bei der Planung. Und auch die Verwebung mit dem Campus war uns wichtig. Deshalb haben wir auch ein Mobilitätskonzept entwickelt. Wir haben auch eine Nutzungsänderung vorgenommen. Der Bau soll sich mehr zum Campus hin öffnen und zum Beispiel offenen Werkstätten und Sharing-Cafés Platz bieten.
Konnten alle anfänglich geplanten Ansätze realisiert werden? Oder gab es etwas, von dem ihr euch verabschieden musstet, weil ihr es ganz toll und wichtig fandet, es aber nicht zu realisieren war?
Es gab sehr viele Schlaufen. Das Ganze war ein Prozess. Wir hatten nicht von Anfang an die große Vision von einem Konzept oder einem fertigen Gebäude. Das wurde alles im Laufe der Zeit erarbeitet. Das heißt, man fängt mit einem Grundgerüst an und arbeitet sich immer weiter vor. Da gibt es dann immer Ideen, die man im ersten Moment richtig cool findet, die sich aber nach weiteren Überlegungen und Recherche als nicht umsetzbar herausstellen. Diese Planungsschritte muss man durchlaufen, um letztendlich eine Lösung zu finden, die man vertreten kann.
Das stelle ich mir extrem schwierig vor in einem Team, in dem ständig neue Personen dazukommen und immer wieder welche wegfallen. Alles, was ihr in Wuppertal zeigen werdet, ist eine großartige Leistung. Aber ihr habt über die zwei Jahre auch eine tolle Kommunikations- und Organisationsleistung an der Hochschule vollbracht. Respekt! Wie habt ihr das geschafft?
Es gab die Konstante des Kernteams von Anfang an. Das waren Studierende aus verschiedenen Studienrichtungen, die das Ganze in die Hand genommen haben. Und dann hat sich relativ früh ein Architekturteam gebildet, das fast durchgehend das Projekt begleitet hat.
Wie muss mann sich das vorstellen? Die Innenarchitekten haben Entwürfe gemacht, dann sind die Leute vom KlimaEngeneering gekommen und haben gefragt, warum dieses oder jenes nicht beachtet wurde …? Wie seid ihr mit solchen "Anregungen" umgegangen?
In den Semestern, wo es sehr viel um den Entwurf, die Planung und das Gesamtkonzept ging, gab es jede Woche Treffen mit allen Disziplinen, bei denen über den Planungsstand und neue Erkenntnisse berichtet wurde. Dort kamen dann die Dinge zur Sprache, die sich gegenseitig bedingen, die man aber vielleicht vorher nicht auf dem Schirm hatte. Hier wurde deutlich, dass man alles zusammen denken muss, damit es funktioniert.
Gab es auch Enttäuschungen?
Ich kann nur für die Studienrichtung sprechen, aus der ich komme. Da lernt man relativ früh, dass man sich nicht immer an einer Idee festkrallen darf. Alle, die an diesem Projekt gearbeitet haben, waren natürlich gewillt, andere Disziplinen zu integrieren. Um in dem Wettbewerb erfolgreich zu bestehen, mussten wir alles berücksichtigen, Kompromisse eingehen und konnten niemanden außen vorlassen. Das wurde ziemlich schnell allen klar.
Ihr habt im Laufe des Projektes viel gelernt zum Thema Zusammenarbeit, für eure Persönlichkeit. Aber die noch größere Leistung ist, dass ihr das alles nicht aus Eigennutz, sondern für eure Hochschule gemacht habt. Super! Was waren die schwierigsten Phasen, was ging leichter von der Hand als gedacht?
Die Akquise von Sponsoren war schwierig, weil es anfänglich an der Hochschule noch kein weitreichendes Konzept gab, wie man mit dem Sponsoring von so hohen Summen umgeht und diese administrativ abwickeln kann. Deshalb mussten wir in enger Zusammenarbeit mit der Verwaltung ein Sponsoringkonzept erarbeiten. Das kollidierte mit einem gewissen Lieferzeitdruck. Das war eine schwierige Phase. Und was leichter ging? Ich glaube, alle von diesem Konzept zu überzeugen und mitzunehmen, ging einfacher als gedacht.
Der HFT-Wettbewerbsbeitrag wurde interdisziplinär gedacht und ausgeführt. Welche Studiengänge, welche Personen – Studierende, Professor:Innen etc. – waren involviert?
Wenn ich versuchen würde, alle zu nennen, wäre es eine lange Liste, und es bestünde die Gefahr, Personen zu vergessen. Neben den Studiengängen, Professor:innen und Kolleg:innen waren aus fast jeder Institution, die es an der Hochschule gibt, sei es Verwaltung, Finanzen, Marketing, Hausverwaltung, Werkstätten und Forschung, Personen involviert.
Welche Vorteile haben sich aus der interdisziplinären Zusammenarbeit ergeben?
Die Studierenden haben immer gesagt, sie finden das Projekt so cool, weil sie mit Leuten zusammenarbeiten, mit denen sie unter normalen Umständen nie etwas zu tun gehabt hätten. Es haben verschiedene Leute mit unterschiedlichsten Hintergründen zusammengearbeitet.
Wie ist es dem coLLab -Kernteam gelungen, über so einen langen Zeitraum die Menschen zu motivieren, an dem Projekt weiterzuarbeiten bzw. sich dafür zu engagieren? Wie habt ihr die Akquise gemacht? „Hier, wir haben ein Projekt, das dauert zwei Jahre. Wer hat Lust, sich zu engagieren?“
Wir haben es von Anfang an nie auf den Zeitraum bezogen, sondern immer gesagt, wir haben ein cooles Projekt, und das ist eine große Chance. Aber letztendlich war es jedem freigestellt zu entscheiden, wie lang man im Projekt dabei sein möchte.
Austragungsort für den Wettbewerb ist Wuppertal. Dort wurde das Mirker Quartier für den Aufbau der Wettbewerbsbeiträge vorgesehen. Wie müssen wir uns dieses Quartier vorstellen?
Der Austragungsort liegt in dem Mirker Quartier. Wuppertal hat eine alte Bahnstrecke, über die eine Fahrradtrasse gelegt wurde. Die alten Bahnhofshäuser werden neu genutzt, zum Beispiel der Bahnhof Mirke. Das ist ein zentraler Ort auf dem Gelände. Da haben sich Vereine angesiedelt, die das alte Bahnhofsgebäude bespielen. Da gibt es ein Café, Seminarräume, die man buchen kann und Werkstätten. Durch die Fahrradtrasse ist dieses Gebiet super angebunden, es fahren keine Autos. Es herrscht eine coole Stimmung, weil sich dort viele Menschen aufhalten, die von einer Sache überzeugt sind. In diese Fläche werden die einzelnen Wettbewerbs-Wohngebäude integriert.
Die Konkurrenz ist mit 18 Hochschulteams aus elf Ländern recht groß. Es gab bislang ein Treffen mit allen Teams in Wuppertal. Wie war da die Atmosphäre?
Sehr gut. Wenn alle zusammentreffen wird einem deutlich, was für einen Gesamtumfang das Projekt hat - einmal jede Hochschule für sich, aber auch die Reichweite im internationalen Kontext wird dann deutlich. Und auch, dass wir alle an denselben Herausforderungen arbeiten und nach Lösungen suchen, wie wir das Bauen in der Zukunft nachhaltig und innovativ gestalten können. Das ist eine Aufbruchsstimmung. Man merkt, dass irgendwas passiert und die Leute sehr motiviert sind. Man kommt superschnell ins Gespräch, alle sind sehr offen …
… Ihr habt aber nicht nur gefachsimplelt, oder?
(Lacht) Nein.
Ist es eine große Konkurrenzsituation, wenn ihr aufeinandertrefft?
(Leicht zögerlich) Ja. Es gibt schon Teams, die fallen sehr stark auf. Man merkt bei denen beispielsweise, dass sie nicht das erste Mal an diesem Wettbewerb teilnehmen und schon eine gewisse Routine haben. Doch, ich würde sagen, es gibt auf jeden Fall Konkurrenz. Es sind alles Hochschulteams, alle haben kluge Köpfe in ihren Teams und gute Ideen. Jeder Wettbewerbsbeitrag sieht anders aus, alles miteinander ist nur sehr schwer vergleichbar. Es ist sehr spannend zu sehen, wie die Teams aus exakt derselben Aufgabenstellung etwas anderes gemacht haben.
Die internationalen Teams kommen aus Istanbul, Rumänien, Tschechien, Frankreich, Ungarn, Thailand, den Niederlanden, aus Taiwan, Schweden und natürlich Deutschland. Sind zum jetzigen Zeitpunkt Unterschiede in Planung und Ausführung sichtbar, die sich mit dem Heimatland in Verbindung bringen lassen? Also vielleicht mit einem anderen Verständnis von Wohnen und Zusammenleben?
Ich vermute es, ja. Wir sind in unserem Prozess auch sehr stark von unserem Herkunftsland und unseren Gegebenheiten ausgegangen. Was man aber sagen muss ist, dass alle Teams für eine europäische Stadt geplant haben und die dort geltenden Standards berücksichtigen mussten. Alle Demonstratoren in Wuppertal entsprechen der deutschen Bauordnung.
Das heißt, wenn sich alle an dem europäischen Standard orientieren mussten, muss auch der Entwurf beispielsweise des Taiwanesischen Teams in einer europäischen Stadt umsetzbar sein?
Genau. Damit ist eine Vergleichbarkeit der Wettbewerbsbeiträge gegeben.
Welche Impulse, Ideen, Anregungen habt ihr durch den Austausch mit den anderen internationalen Teams erhalten?
Dass man offen sein muss und nicht immer von sich selbst ausgehen sollte. Es gibt ganz viele verschiedene Bedürfnisse, und jeder hat ein anderes Verständnis und Ansprüche von Wohnen in der Stadt. Das ist ein Prozess, der nie abgeschlossen sein wird.
Der Solar Decathlon ist – wie der Name schon sagt – als Zehnkampf angelegt. Jeder Wettbewerbsbeitrag wird in zehn einzelnen Disziplinen bewertet, aus denen sich die Siegerplatzierungen , also der erste, zweite und dritte Platz in der Gesamtprämierung, ergeben. In welchen der zehn Disziplinen erhofft sich das coLLab gute Platzierungen?
Ich hoffe, in Architecture, in Engineering and Construction, das betrifft das Gebäude und die Energietechnik. Wir haben ein großes Augenmerk darauf gerichtet, unser Energiekonzept sichtbar in die Architektur zu integrieren und das Zusammenspiel von technischen Komponenten, Architektur und Ästhetik aufzuzeigen. Daraus könnte sich möglicherweise auch eine gute Platzierung im Innovations-Award ergeben. Vielleicht haben wir auch in Sustainability Chancen auf eine gute Platzierung.
Am 24. Juni findet die abschließende Preisverleihung in Wuppertal statt. Wie stehen unsere Chancen, einen Platz auf dem Siegertreppchen einzunehmen? Magst du dich mit einer Prognose aus dem Fenster lehnen?
Das ist superschwer zu sagen. Wenn man den Prozess der anderen Teams über die Sozialen Medien verfolgt, dann erkennt man da auch super viel Innovation und tolle Ideen. Deswegen ist eine Prognose wirklich schwer. Ich vermute, dass es am Ende nur um zwei, drei Punkte gehen wird, die ein Team besser oder schlechter ist, weil die Qualität der Beiträge insgesamt sehr hoch ist.
Dann ist eine Beurteilung in zehn Disziplinen zwar sehr nervenaufreiben, macht aber eine gewisse Fairness aus, oder?
Ja, und das ist auch für die Zukunft so wichtig. Es sollte zukünftig nicht nur darum gehen, ob ein Gebäude schön aussieht oder dass es nur kostengünstig ist oder nur eine dieser Disziplinen bedient wird. Es sollte immer darum gehen, dass Nachhaltigkeit genauso wichtig ist wie ein städtebauliches Konzept und soziales Aspekte.
Was passiert mit den Wettbewerbsbeiträgen am Ende des Wettbewerbs? Wird coLLab seinen Beitrag in Wuppertal lassen oder wird dieser wieder nach Stuttgart an die Hochschule zurückreisen?
Einige Beiträge bleiben in Wuppertal, andere gehen entweder zurück an die jeweiligen Hochschulstandorte. In unserem Fall geht der Demonstrator an einen unserer Partner, der ein großes Ausstellungsgelände hat.
Wie geht es mit coLLab nach dem Ende des Solar Decathlons 2021/22 weiter? Also nach dem 24.6., wenn die Sektkorken knallen – und das werden sie auf jeden Fall tun, ganz gleich welche Platzierung ihr einnehmen werdet ...
Das Team an sich wird sich nicht direkt auflösen, denn es gibt noch Nacharbeiten, die erledigt werden müssen: Abrechnungen, Aufräumarbeiten und verwaltungstechnische Fragen sowie Öffentlichkeitsarbeit und das Erstellen von Publikationen. Ich hoffe, dass wir an der Hochschule einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, dass sich andere daran orientieren werden und auch künftig mutig sind, größere, interdisziplinäre Projekte in Angriff zu nehmen. Es muss ja nicht unbedingt ein Solar Decathlon sein.
Und wie ist dein ganz persönliches Fazit zur Teilnahme der HFT Stuttgart an dem Solar Decathlon Europe 2021/22?
Es war eine große Bereicherung. Das Verrückteste war wirklich, dass man jeden Tag vor neuen Herausforderungen stand und Dinge tun musste, was man vorher noch nie getan hat. Man musste über einen langen Zeitraum hinweg flexibel bleiben und nach Lösungswegen suchen. Und das alles in einem richtig coolen Team zu erleben, das war eine sehr große Bereicherung, auch wenn es zeitweise sehr stressig und sehr anstrengend war. Am Ende hat es sich auf jeden Fall gelohnt. Und auch wenn wir keine Platzierung auf dem Siegertreppchen erhalten sollten: Wir können superstolz sein auf das, was wir geleistet haben!
Und hier ein Video Moving-Portrait, das einen großen Teil des Teams von 2022 zeigt.