Der Wissenschaftstag an der Hochschule für Technik Stuttgart fand am 24.06.2022 im Rahmen des 2. Wissenschaftsfestival Stuttgart zum Thema „Wie wollen wir zukünftig in Städten leben?“ statt. Rund 70 Besucher:innen informierten sich an Mitmachständen und in der Aula bei Kurzvorträgen.
„Wo wollen wir zukünftig wohnen und vor allem – auf welche Weise, wenn unsere Ressourcen doch immer knapper werden und der Klimawandel immer weiter voran schreitet?“, diese Frage beschäftigt nicht nur die Häuslebauer von morgen, sondern im Grunde alle Stadt- und Landbewohner:innen von heute. Es lässt also nicht verwundern, dass Prof. Dr. Katja Rade, Rektorin der HFT Stuttgart, und Prof. Dr. Wolfgang Huep, Prorektor für Wissenschaft und Forschung, genau diese Frage in Ihrer Begrüßung an die Teilnehmer:innen in der Aula richteten. Von „autofrei“, „gesund“ bis „kurze Wege“, „klimaneutral und „viel Grünfläche“ zeigte die Befragung eine eindeutige soziale und nachhaltige Tendenz. Doch das zukünftige Leben betrifft nicht nur die Wohnform, sondern vielreiche nachhaltige Facetten des Alltaglebens. Hierzu gehören Mobilität, Logistik, Klima, und letztendlich auch die Finanzierung von Allem.
Start in den Tag mit einer Live-Schalte zum Solar Decathlon
Bereits am Vormittag ist der Wissenschaftstag an der HFT Stuttgart mit einer Live-Schalte zum Solar Decathlon Europe 21-22 nach Wuppertal gestartet. Über drei Jahre haben sich mehr als 250 beteiligte Personen am Entwurf zum diesjährigen Solar Decathlon – ein europaweiter Zehnkampf in verschiedenen Disziplinen der Architektur und darüber hinaus – beteiligt. In der Live-Schalte zu den beiden Beteiligten Annabell Gronau und Jonas Stave ging es vor allem um die Lage vor Ort: Wie geht es dem Team coLLab, welche Ziele konnten erreicht werden? Wie sieht die Resonanz zum Entwurf aus und welche Preise bereits gewonnen wurden. (Mehr Informationen hierzu)
Metropolregion für Morgen – ein Blick in die Zukunft
„Die Stadt als Forschungslabor“, mit diesem Ansatz läutete Prof. Dr Christina Simon-Philipp, Professorin Stadtplanung und Städtebau und Leiterin Zentrum für Nachhaltige Stadtentwicklung an HFT Stuttgart, die Vortragsreihe in der Aula ein. In Projekten mit Studierenden haben zahlreiche Untersuchungen gezeigt, welche Möglichkeiten es gibt öffentliche Plätze zu bespielen und wieviel Wohnplatz in der Region Stuttgart zur Verfügung steht.
Wie können wir vernetzt, lebenswert und resilient in Quartieren leben und arbeiten? Wie kann Mobilität neu gedacht werden? Die Fülle und Qualität der Vorträge umfasste den gesamten Lebenszyklus.
Dr. Dirk Pietruschka, Institutsleiter Zentrum für Nachhaltige Energietechnik, zeigte, dass bidirektionales Laden die Zukunft der Mobilität bereichern kann und dass Spaghetti kochen am Abend mit selbst erzeugtem Strom gleich noch mehr Vergnügen macht. Prof. Dr. Iris Belle, Professorin für Smart City Solutions, ging noch einen Schritt weiter und zeigte die Vorteile zur Digitalisierung der Stadt auf. Im neuen Studiengang „Smart City Solutions“ beschäftigen sich Studierende daher intensiv mit der Zukunft der Stadt. Nach einer kurzen Pause zeigte Prof. Dr. Ursula Voß, wie wichtig 3D-Stadtmodelle für den Blick in die Zukunft sind. In ihren Vorlesungen beschäftigt sie sich ausgiebig mit der Berechnung von urbanen Windströmungen, die bei einer Planung von Gebäuden – vor allem in Stuttgart – nicht zu vernachlässigen sind und einen wichtigen Bestandteil darstellen. Bereits zu diesem Zeitpunkt ließ sich vorhersehen, dass eine nachhaltige Stadtentwicklung viele Komponenten beinhaltet und sehr viel Forschung und Planung dahinterstecken. Im fünften Vortrag des Tages entführte uns Felix Rauscher vom Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme am KIT Karlsruhe in die unterirdische Welt des Warentransportes. In einem gemeinsamen Projekt der HFT Stuttgart mit dem KIT Karlsruhe werden mögliche Szenarien berechnet und präsentiert. Die Nachfragen des Publikums zeigten, dass dieses Thema großes Interesse innerhalb der Bevölkerung hervorruft. So trifft es doch mitten in den Wunsch, die Zukunft „autofrei“ zu gestalten bzw. die Innenstädte zu erholsamen Wohlfühloasen zu verwandeln.
Doch ein anderer Punkt bei den Vorträgen ist nicht nur bei der Finanzierung von Projekten wichtig, sondern auch im Alltag: eine nachhaltige Finanzwirtschaft. Prof. Dr. Tobias Popovic, Professor für Betriebswirtschaft und Nachhaltige Finanzwirtschaft, zeigte auf, dass die HFT Stuttgart nicht nur in der Stadtplanung glänzt, sondern auch einen Schritt weiterdenkt und dabei hilft, den Alltag finanziell nachhaltig zu gestalten.
Forschung zum Anfassen
Unterstützt wurden die Vorträge in der Aula von Mitmachständen im Innenhof und Lichthof der HFT Stuttgart, die durch Forschende an der HFT Stuttgart gestaltet wurden. Besucher:innen erfuhren mehr über ihren CO2-Fußabdruck und die Stadt der Zukunft am Smart City Demonstrator – ein interaktiver Touch Table, der Berechnungen zeitgleich umsetzt und Forschungsergebnisse aufzeigt. Ergänzt durch das Stadtmessungsamt Stuttgart erfuhr man sofort, was in der Region umgesetzt wird. Ferner traten Besucher:innen live gegen die modernste Vermessungstechnik an oder forderten bei einem Geduldspiel aus Metall einen Computer heraus und bauten danach ihre eigene CO2-Ampel. Lehre zum Anfassen konnte man am Bespiel der Mathematik erleben und durch einen 3D-Bildschirm geometrische Formen schweben lassen.
Zum Ausklang präsentierte sich die HFT Stuttgart in Popcorn-Laune mit dem Film „Die Gentrifizierung bin ich. Beichte eines Finsterlings“. Ein Film von Thomas Haemmerli (Gewinner des Züricher Filmpreises 2018), der anschaulich zeigte, dass Gentrifizierung alltäglich stattfindet und die Menschen durch ihr Wohnverhalten indirekt dazu beitragen.
Auch wenn die Wetterlage uns nicht so sehr gesonnen war, hat die HFT Stuttgart an diesem Tag eine Sache eindeutig gezeigt: Die Forschung orientiert sich sehr nah an der Praxis und wir stehen für eine klimakompetente, resiliente und vernetzte Welt.