Die dritte Online-Veranstaltung zur „LIN Stadt“ am Dienstag, den 19.01.2021 bildete zugleich einen gelungenen Auftakt der Vortragsreihe im neuen Jahr. Rund um das Thema nachhaltige Mobilität im Stadtraum wurden aktuelle Forschungsergebnisse der iCity Partnerschaft vorgestellt.
Nach einer kurzen Vorstellung der iCity Forschungspartnerschaft durch Dr. Dirk Pietruschka, Geschäftsführer und selbst Forschender in der iCity Partnerschaft, hatte Prof. Dr.-Ing. Lutz Gaspers das Wort. In seinem Vortrag wurde zunächst über zentrale Begriffe und Zusammenhänge in der Mobilitätsforschung aufgeklärt, ehe das aktuelle Leitbild der Verkehrsplanung, die Nachhaltige Mobilität, in den Fokus rückte. Mit einem Blick auf Erhebungen zu Entwicklungen im Zusammenhang mit urbanem Mobilitätsverhalten wurde verdeutlicht, dass die Anstrengungen der Verkehrs- und Stadtplanung in der Vergangenheit noch nicht die erhofften Wirkungen, insbesondere in Bezug auf eine Reduktion der Treibhausgasemissionen, erzielt haben. Das Forschungsteam geht daher in den eignen Projekten der Frage nach, warum diese Effekte (noch) nicht eintreten und wie z.B. Kommunen durch ihr Handeln künftig positiv darauf einwirken können. Prof. Gaspers stellte hierzu u.a. Erhebungen und erarbeitete Maßnahmenvorschläge aus einer Zusammenarbeit mit der Stadt Tuttlingen zu Pedelec-Sharing vor. Die zentrale Frage, die auch in der Diskussion aufgegriffen wurde, lautet, in welcher Form den Nutzerinnen und Nutzern privater PKW eine nachhaltige Alternative geboten werden kann.
Prof. Dr. Thomas Bäumer schloss mit den Forschungen seines Teams rund um die Akzeptanz nachhaltiger Mobilitätslösungen an. Ihre Forschungen drehen sich dabei um zentrale Aspekte der Akzeptanz in Hinblick auf die Nutzung unterschiedlicher Mobilitätsangebote. Vorgestellt wurden neben Erhebungen zum Mobilitätsverhalten an der HFT insbesondere Faktoren, die die persönliche Verkehrsmittelwahl beeinflussen. Dabei zeigte sich, dass den Nutzerinnen und Nutzern allen voran die Zuverlässigkeit, die Fahrzeit, die Flexibilität und die Kosten wichtig sind. Es folgte die Feststellung, dass das Fahrrad die meisten dieser zentralen Bedürfnisse erfüllt.
Warum also nutzen die Menschen das Fahrrad nicht bereits für viel mehr Wege besonders innerhalb der Stadt?
Prof. Bäumer und sein Team widmen sich mit ihrer (Technologie-) Akzeptanzforschung insbesondere dem subjektiven Gefühl der Sicherheit. Die wahrgenommene Unsicherheit auf dem Fahrrad lässt sich nachhaltig etwa durch separate Radwege erreichen, die jedoch nur sehr langsam umgesetzt werden. Das Team hat daher die App „ROUTEMESAFE“ entwickelt, eine interaktive Routing-App in der jede Nutzerin und jeder Nutzer die Möglichkeit hat, Gefahrenstellen einzutragen, die dann bei künftigen Routenberechnungen berücksichtigt werden können. Die App soll neben sicheren Routen für Fahrradfahrer auch einen Nutzen für die Kommunen und Planerinnen und Planer haben, nämlich eine Datenbasis für zielgerichtetes Handeln in der Zukunft. Darüber hinaus erforscht das Team weitere Faktoren, die einen Umstieg auf das Fahrrad beeinflussen: Das emotionale Erleben, das mittels Umfragen und in einer virtuellen Laborumgebung gemessen wird, sowie soziale und persönliche Normen, die einen Einfluss auf das persönliche Mobilitätsverhalten haben.
So wurden auch in der abschließenden Fragerunde weitere Einflussmöglichkeiten sowie Abhängigkeiten zwischen der Planung und der Nachfrage von Radwegen, (Fahrrad-) Sharing-Systemen und dem ÖPNV diskutiert. Die Veranstaltung machte eindrucksvoll deutlich, dass das Thema Fahrradfahren in der Stadt einen gewichtigen Einfluss auf gesellschaftliche Nachhaltigkeitsziele hat, es zu deren Erreichung aber weiterhin Forschungsbedarf für Innovationen im Bereich von Mobilitätsangeboten und -systemen sowie bei der Optimierung vorhandener Lösungen gibt. Die HFT ist mit ihren Forscherinnen und Forschern hierfür bereits jetzt gut aufgestellt.
iCity und die IHK Region Stuttgart freuen sich über das rege Interesse an der HFT-Forschung und die große Beteiligung an den gemeinsamen Online-Veranstaltungen. Wir freuen uns, wenn wir sie auch zu unserer nächsten Veranstaltung begrüßen dürfen.