„Gemeinsam zur klimaneutralen Zukunft: Finanzieren und Sanieren Hand in Hand" - unter diesem Motto fand am 15. Oktober 2024 die Zwischenkonferenz des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts CREATE statt. Die Konferenz brachte Experten aus Forschung, Versicherungswirtschaft, Förderfinanzierung und Energieberatung zusammen, die wertvolle Einblicke in die Verknüpfung von Finanzierung und Gebäudesanierung gaben.
Die Online-Konferenz wurde von der HFT Stuttgart in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und dem VfU - Verein für Umweltmanagement und Nachhaltigkeit in Finanzinstituten e.V. – organisiert und bot eine wertvolle Zwischenbilanz zu den bisherigen Erkenntnissen und Fortschritten des Projekts CREATE.
Wie lässt sich die Dekarbonisierung des Gebäudebestands in Deutschland beschleunigen? Welche Rolle können impact-orientierte Finanzierungsinstrumente bei diesem Transformationsprozess spielen? Zu diesen zentralen Fragen konnten praxisnahe Ansätze für die Verknüpfung von Finanzierungs- und Sanierungsmaßnahmen vorgestellt werden, die dazu beitragen, die Dekarbonisierung des Gebäudesektors in Deutschland weiter voranzutreiben.
Rund 60 Teilnehmende aus Forschung, Wirtschaft und Finanzbranche verfolgten die Vorträge und diskutierten über konkrete Maßnahmen und Zukunftsvisionen für eine klimafreundlichere Immobilienwirtschaft. Die Zwischenkonferenz lieferte durch regen Austausch neue Impulse für die klimaneutrale Transformation des Gebäudebestands.
Prof. Dr. Tobias Popovic, Studienbereich Wirtschaft und Experte für Corporate & Sustainable Finance an der HFT Stuttgart, stellte den integralen CO₂-Impact-Ansatz vor, der im Rahmen von CREATE entwickelt wurde und der den Sanierungs- und den Finanzierungsprozess kombiniert. Dieser Ansatz verringert die Komplexität für alle Beteiligten und schafft Anreize für Immobilieneigentümer, den CO₂-Fußabdruck ihrer Gebäude zu reduzieren. Impact-orientierte Finanzierungsinstrumente, die auf Kriterien für nachhaltiges Wirtschaften von Unternehmen basieren - der so genannten ESG-Linked-Logik (Environmental, Social und Governance) - könnten beispielsweise über Zinsreduktionen und Tilgungszuschüsse den Sanierungsprozess unterstützen und Eigentümer motivieren. Der CO₂-Impact-Ansatz könnte zudem als Grundlage für gebäudespezifische Transformationspläne dienen und so eine strukturierte Herangehensweise an nachhaltige Sanierungen fördern.
Versicherungen als Hebel für die Transformation
Marcus Reichenberg, Geschäftsführer der Greensurance Stiftung,verdeutlichte das Potenzial von Wohngebäudeversicherungen als Hebel für die Transformation des Gebäudebestands. Er schlug vor, die Versicherungswirtschaft (Aktuariat) neu zu denken, indem beispielsweise nachhaltiges Verhalten mit Boni belohnt und nicht-sanierte Gebäude mit einem Malus belegt werden. Auch könnte die Schadensregulierung angepasst werden, um Mehrleistungen für nachhaltige Reparaturen zu bieten. Zudem könnte eine Änderung der Versicherungsbedingungen durch nachhaltigere Formulierungen, wie „nachhaltiger besserer Art und Güte“ anstelle von „gleicher Art und Güte“, die Umweltwirkung fördern.
Investitionen und aktiven Einsatz für die Transformation
Johannes Heinloth, Mitglied des Vorstands der L‑Bank, betonte die Bedeutung umfangreicher Investitionen und des Aufbaus von Know-how, um die Transformation zur klimaneutralen Immobilienwirtschaft zu beschleunigen. Impact-orientierte Förderprodukte der L-Bank wie das Kombi-Darlehen Wohnen mit Klimaprämie zeigten, wie staatliche Förderung gezielt Sanierungsmaßnahmen unterstützen kann. Heinloth appellierte an alle Akteure, die Transformation aktiv voranzutreiben, insbesondere durch Digitalisierung, den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien und die Entwicklung abgestimmter Maßnahmenpläne.
Modernisierungsberatung als Ergänzung zur Energieberatung
Sandra Frey, Leiterin Kundenservice und Stv. Nachhaltigkeitsbeauftragte, Bausparkasse Mainz AG präsentierte das Modell der Modernisierungsberater der Bausparkasse Mainz AG. Diese Berater verbinden Sanierungs- und Finanzierungsprozesse praktisch miteinander und bieten Immobilieneigentümern eine qualifizierte Beratung für eine ganzheitliche Gebäudesanierung, ohne die Rolle der Energieberater zu ersetzen. Sie klären laut Frey über Aspekte wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und wirtschaftliche Optimierungen auf und sind Ansprechpartner für eine nachhaltige Sanierung. Rund 60 Prozent der Darlehensvermittler der Bausparkasse Mainz schätzten das Know-how als Modernisierungsberater und setzten es häufig in Beratungsgesprächen ein, erläuterte die Leiterin Kundenservice.
Expertise im Bereich Finanzierung und Wertermittlung sinnvoll
Ronan Maier, Teamleitung Bereich Fördermittelservice, Effizienzpioniere GmbH berichtete von der Bedeutung der Energieberatung im Finanzierungsprozess. Der energetische Standard eines Gebäudes wirke sich direkt auf dessen Wert und Mietertrag aus. Energieberater deckten zwar die Anforderungen des GEG ab, könnten jedoch keine fundierten Aussagen zur Wertentwicklung oder Finanzierung treffen, was eine Zusammenarbeit mit Experten aus Finanzierung und Wertermittlung sinnvoll mache. Je nach Lebenszyklusphase des Gebäudebesitzes – ob Kauf, Sanierung oder Verkauf – verändere sich der Stellenwert der energetischen Sanierung und die Anforderungen an die Energieberatung.
Die Zwischenkonferenz hat gezeigt, dass die Zusammenarbeit und der Dialog zwischen unterschiedlichen Akteuren aus verschiedenen Sektoren wesentlich sind, um die komplexen Herausforderungen der Gebäudetransformation zu bewältigen.
Die Moderation der Veranstaltung übernahm Dr. Max Weber, Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. Mit seiner fachkundigen und lebendigen Leitung gelang es ihm, die unterschiedlichen Perspektiven und Fachthemen zu einer zusammenhängenden Diskussion zu führen.
Autor: Joachim Jörg