Maxim Rossknecht gewann Ende letzten Jahres den studentischen Wettbewerb des Arbeitskreises 3D-Stadtmodelle
Dass sich ein Studium an der HFT Stuttgart für Studierende lohnt, das steht außer Frage. Einer, dessen Erfolgsgeschichte eine steile Kurve nach oben nahm, ist Maxim Rossknecht. Seine Masterarbeit zum 3D-Stadtmodell in der finnischen Hauptstadt Helsinki fand bei Expertinnen und Experten viel Gehör. Und so ist es nicht verwunderlich, dass er für seine Forschung Ende letzten Jahres den studentischen Wettbewerb des Arbeitskreises 3D-Stadtmodelle gewann. Wir sprachen mit Maxim Rossknecht über seine Masterarbeit, die Gesamtsicht auf das energieeffiziente Gebäudeumfeld und was andere Städte und Kommunen mit Blick auf 3D-Stadtmodelle von Helsinki lernen können.
Herr Rossknecht, Sie haben Ende vergangenen Jahres für Ihre Masterarbeit den studentischen Wettbewerb des Arbeitskreises 3D-Stadtmodelle gewonnen. Wie fühlt sich das an?
Maxim Rossknecht: Es ist schon eine Ehre, wenn man für seine Arbeit nicht nur durch die Benotung gewürdigt wird, sondern auch von einem Komitee in genau diesem Themengebiet für seine Arbeit ausgezeichnet wird.
Zudem haben Sie das Thema vor rund 170 Teilnehmenden im Rahmen eines Workshops zu 3D-Stadtmodellen präsentiert. Wie waren die Reaktionen des Plenums auf Ihre Ergebnisse?
Maxim Rossknecht: Es war eine schöne Gelegenheit meine Arbeit vor einem Publikum vorzustellen, welches sich für das gleiche Themengebiet interessiert. Ich wurde im Nachgang an der Präsentation kontaktiert und zu einem Austausch eingeladen, um zu diskutieren, ob und wie sich ähnliche Analysen auf eine Stadt in Deutschland übertragen lassen.
Gehen wir etwas näher auf Ihre Arbeit ein. Was sind die wesentlichen Eckpunkte der Arbeit und vor allem die Ergebnisse?
Maxim Rossknecht: Die Stadt Helsinki hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2035 Carbon-neutral zu sein. Da dort das Heizen von Gebäuden über die Hälfte der Emissionen verursacht, muss in dieser Domäne einiges getan werden, um das Ziel zu erreichen.
In meiner Arbeit habe ich das 3D-Stadtmodell von Helsinki genutzt, um den Heizwärmebedarf der Gebäude zu simulieren und die daraus resultierenden CO2-Emissionen zu berechnen. Unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren wie Klimawandel, CO2-effizienter Fernwärmegewinnung und energetischen Sanierungen wurden verschiedene Szenarien betrachtet, wie sich der Wärmebedarfs des Gebäudebestands in Helsinki bis zum Jahr 2050 verändern könnte.
Interessant fand ich vor allem, dass durch den Klimawandel der Heizwärmebedarf um 4% pro Dekade abnehmen, aber der Bedarf an Gebäudekühlung im Sommer wiederum zunehmen wird. Würden zwischen 2020 und 2035 jährlich 1% des Gebäudebestands energetisch saniert werden, ließen sich die resultierenden CO2-Emissionen um circa 10% reduzieren. Um das Ziel von einer 80-prozentigen Reduktion im Vergleich zu den CO2-Emissionen von 1990 zu erreichen, hat die Stadt Helsinki neben energetischen Sanierungen eine weitere Stellschraube. In Helsinki sind über 90% der Gebäude an das Fernwärmenetzwerk angeschlossen. Dieses soll in Zukunft weniger Kohle und mehr erneuerbare Energien verwenden. Somit lassen sich auch die CO2-Emissionen für das Heizen von Gebäuden drastisch reduzieren. In meiner Arbeit habe ich dieses Szenario ebenso berücksichtigt und komme zu dem Ergebnis, dass mit einer einprozentigen Sanierungsrate und dem CO2-effizieenteren Fernwärmenetzwerk die Emissionen im Vergleich zu 1990 um ca. 79% reduziert werden könnten. Erhöht man in diesem Szenario die Sanierungsrate auf 3%, sprechen wir von einer 82-prozentigen Reduktion. Somit könnte auch das Ziel der Stadt erreicht werden.
Mit dem energieeffizienten Gebäudeumfeld haben Sie ein Thema gewählt, das immer stärkere Beachtung in Städten und Kommunen finden muss. Leider fehlt es teils an der Gesamtsicht in nicht wenigen Städten. Sind Sie mit Ihrer Arbeit hier nicht auch ein Stück weit Impulsgeber für andere Städte, es Helsinki gleich zu tun?
Maxim Rossknecht: Ich hoffe, dass ich mit meiner Arbeit den Nutzen von 3D-Stadtmodellen in dieser Domäne aufzeigen konnte und andere Städte ebenso versuchen alle verfügbaren Ressourcen zu nutzen, um der Klimaneutralität näher zu kommen.
Nun ist Helsinki eine der europäischen Vorzeigestädte in Sachen digitaler Stadtentwicklungen. Was machen die Verantwortlichen der finnischen Hauptstadt aus Ihrer Sicht richtig, um raumbezogene Daten sinnstiftend und vor allem stärker in ihrer Gesamtheit anzuwenden?
Maxim Rossknecht: Helsinki stellt viele raumbezogenen Daten öffentlich zur Verfügung, wonach ich als Geoinformatiker oftmals vergeblich suche. Seien es 3D-Stadtmodelle und dazugehörige Gebäudeinformationen, Geländemodelle oder Orthophots, sprich Luftbilder. Oftmals gibt es diese Daten auch in anderen Städten Deutschlands, stehen der Allgemeinheit jedoch nicht frei zur Verfügung.
Und was können hiesige Städte daraus lernen?
Maxim Rossknecht: Prinzipiell lässt sich eine solche Analyse auch auf Städte bei uns in Deutschland anwenden. Die notwendigen Informationen gibt es bestimmt in vielen Städten, stehen, wie bereits zuvor beschrieben, der Allgemeinheit aber oft nicht zur Verfügung. In Deutschland kann das auch wieder von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein. Da sehe ich persönlich einige südliche Bundesländer weit im Rückstand.
Die Wissenschaft und Forschung ist ein wesentlicher Treiber, um theoretische Modelle in die Praxis zu überführen. Hier wird gerne vom Transfer gesprochen. Wie sieht diese Transferleistung im konkreten Fall von Helsinki aus?
Maxim Rossknecht: Ich habe in meiner Arbeit das Rad nicht neu erfunden. Ich habe verfügbare Daten zusammengesucht, aufbereitet, Simulationsalgorithmen darauf angewendet, die Ergebnisse evaluiert und für die Präsentation ansprechend aufbereitet. Ein Schlüssel dabei ist aus meiner Sicht auch die Präsentation der Ergebnisse. Gerade bei komplexen Sachverhalten müssen Daten einfach und verständlich wiedergegeben werden und genau hier bietet ein 3D- Stadtmodell nochmals eine großartige Grundlage. So konnte ich es nicht nur für die Analyse, sondern auch noch für die Präsentation der Ergebnisse verwenden.
Die Kollegenschaft der HFT Stuttgart hat mich im Rahmen der Arbeit nicht nur mit ihren Tools, sondern auch mit ihrem Know-how unterstützt.
Apropos Treiber. In welcher Form unterstützten Sie die Kolleginnen und Kollegen der HFT Stuttgart bei Ihrer Arbeit?
Maxim Rossknecht: Die Kollegenschaft der HFT Stuttgart hat mich im Rahmen der Arbeit nicht nur mit ihren Tools, sondern auch mit ihrem Know-how unterstützt. Natürlich gab es vor allem zu Beginn der Arbeit Fragen und Unklarheiten, welche geklärt werden mussten. Ich konnte mich dabei aber immer an Prof. Dr. Volker Coors und seine Mitarbeiter wenden, welche meist innerhalb kürzester Zeit für mich da waren. Das gilt auch heute noch. Der Kontakt nach meinem Abschluss an der HFT Stuttgart ist noch immer vorhanden und man hilft sich gegenseitig bei Problemen.
Abschließend ein Blick nach vorne. Sie haben den Sprung von der HFT Stuttgart zum Fraunhofer IGD als wissenschaftlicher Mitarbeiter vollzogen. Was sind Ihre aktuellen und kommenden Aufgaben sowie Ziele?
Maxim Rossknecht: Ich bin nun seit über einem Jahr am Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung, kurz IGD, in der Abteilung für Geoinformationsmanagement. Dort arbeite ich unter anderem auch weiterhin an und mit 3D-Stadtmodellen und deren Visualisierung. Diese Domäne möchte ich auch in Zukunft weiter bekannt machen und voranbringen.
Im Rahmen seiner Masterarbeit hat Maxim Rossknecht zusammen mit der Betreuerin vom „Helsinki 3D+ Team“ der Stadt Helsinki ein Journal Paper veröffentlicht. Interessierte finden das Paper hier |
Von Andreas Eicher (andreas.eicher(at)hft-stuttgart.de)